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Nach der einwöchigen Unterbrechung der Bundesliga, die durch die letzte Länderspielpause des Jahres hervorgerufen war, startete der 27. Spieltag in Liga eins in Sinsheim in das Wochenende. Zu Gast in Sinsheim war Bayer Leverkusen, die alles andere als ein Lieblingsgegner der Kraichgauer sind. Während viele im Umkreis von Sinsheim noch an den 02.12.2003 zurückdenken, als die TSG damals den Coup schaffte und Leverkusen aus dem Pokal kegelte, gab es in den ersten Aufeinandertreffen außer einem Remis nur Niederlagen. Zehn Mal ging die „Werkself“ als Sieger aus dem Duell, ehe „Hoffe“ jubeln durfte. Doch die Gesamtbilanz spricht trotz der vier weiteren Siege der Kraichgauer eine klare Sprache. Neben den fünf Siegen für die Hoffenheimer gab es drei Unentschieden und 14 Siege für Leverkusen (27:46 Tore).
„Hoffe“-Trainer Julian Nagelsmann sagte allerdings vor dem Spiel, dass es ein „bedeutendes Spiel für beide Mannschaften“ werden würde. Ebenfalls lobte er den Leverkusener Trainer Peter Bosz, vor dem er „seit Jahren (...) den Hut“ ziehen würde. Ebenfalls kündigte er an, dass es „ein spannendes Spiel“ werden würde, da „Leverkusen (...) einen hochtalentierten Kader“ hätte. Doch auch aus Leverkusen gab es verbale Blumen in Richtung Kraichgau - und dies nicht deshalb, weil der Bayer-Trainer Niederländer ist. So sagte Bosz bei der Spieltags-Pressekonferenz, dass das Spielsystem der „Nagelsmänner“ nicht immer dasselbe sei und fügte an „deshalb wird es für mich als Trainer auch ein sehr interessantes Spiel werden“.
Doch leider hatte das Bundesliga-Duell der beiden Mannschaften nicht nur sportliche Höhepunkte wie den Hackentreffer von Leon Bailey parat, das er bei dem 4:1 Auswärtssieg in der Vorsaison erzielen konnte. Viele erinnern sich noch an den 18.10.2013. Es lief die 70. Spielminute, als Karim Bellarabi eine Ecke von der rechten Seite schlug. Stefan Kießling war im Strafraum und köpfte den Ball per Kopf in Richtung des Hoffenheimer Tores beförderte, doch der Ball landete nur am Tornetz - von dort allerdings durch ein Loch doch im „Kasten“ von dem aktuellen Wolfsburger Koen Casteels. Die Verwirrung wich denjenigen, die den Fehler erkannt hatten dem Ärger.
Dr. Felix Brych hatte an diesem Abend nicht sein bestes Spiel als Unparteiischer zeigen können - so stand auch der Unparteiische Harm Osmers vor Spielbeginn im Fokus. Dank der Neuerungen seitens der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) durfte sich der 34-jährige Investitionscontroller aus Hannover allerdings über die Unterstützung von Günter Perl freuen, der als Video-Assistent agierte. Eine klare Fehlentscheidung wie bei Dr. Brych 2013 sollte also nicht erneut vorfallen.
Das Spiel benötigte etwas Anlaufzeit, bis sich die Mannschaften auf den Weg in Richtung der Tore machten. Die erste Aktion in Richtung des Tores unternahmen allerdings die Gäste. Julian Brandt passte zu Leon Bailey. Der Jamaikaner versuchte nach rechts zu legen, doch dort war Benjamin Hübner zur Stelle und klärte per Kopf, bevor Kevin Volland an das runde Leder kommen konnte (4). Doch kaum war diese Situation überstanden, durften die Hausherren jubeln. Nach einer Balleroberung in der eigenen Hälfte machte sich Andrej Kramaric über die linke Außenbahn auf den Weg. Von dort legte er das Spielgerät in den Rückraum, wo Ishak Belfodil stand. Der Algerier zog ab und traf zur Führung für die Kraichgauer (10.).
Doch die Führung brachte nicht den erhofften Rückenwind. In der 13. Spielminute war erneut Gefahr im Hoffenheimer Strafraum geboten. Nach einer von Brandt geschlagenen Ecke erreichten Volland und Sven Bender den Ball nicht. So landete dieser im Toraus, die Offensivsituation vorüber. Doch in der 17. Minute erzielten die Gäste den Ausgleich. Die Hoffenheimer Defensivreihe bekam keinen Zugriff auf den Ballführenden Volland. Zwar konnte die Hereingabe von ihm noch abgewehrt werden, doch an der Strafraumkante war Brandt zur Stelle und flankte das runde Leder erneut in den Strafraum der TSG. Dort stand Joelinton hinter Volland und konnte den ehemaligen Hoffenheimer nicht am Kopfball hindern. Auch TSG-Keeper Oliver Baumann hatte das Nachsehen und musste den Ball aus den Tormaschen fischen.
Statt sich auf das Spielgeschehen zu konzentrieren, haderten die Kraichgauer damit, dass der Unparteiische nicht auf Abseits entschieden hatte. So konnte Brandt zu Karim Bellarabi passen. Dieser leitete zu Volland weiter, doch sein Versuch erneut auf Bellarabi zu passen wurde von Baumann abgefangen (20.). Leonardo Bittencourt legte für Kerem Demirbay auf, doch sein Torschuss flog rechts am Gästetor vorbei. Nun gab es einen Schockmoment für die Leverkusener. Im Mittelfeld blieb Bellarabi liegen, musste behandelt und schließlich ausgewechselt werden. Ohne Fremdeinwirkung hatte er sich eine Verletzung am hinteren rechten Oberschenkel zugezogen. In der 26. Spielminute kam schließlich Charles Aranguiz, der wegen der späten Rückkehr von der Nationalmannschaft nicht von Spielbeginn an eingesetzt worden war.
Die Gastgeber versuchten es nun per Konter. Hübner schlug einen langen Ball auf Bittencourt, doch der Torschuss von Andrej Kramaric, auf den der Hoffenheimer abgelegt hatte, wurde von Lukas Hradecky abgewehrt. Ein Treffer hätte ohnehin nicht gezählt, da der Vizeweltmeister im Abseits gestanden hatte (29.). Eine weitere Torchance für die TSG wurde in der 31. Minute geklärt. Belfodil fand zunächst keinen anspielbaren Mitspieler, konnte dann allerdings zu Pavel Kaderábek auf die rechte Außenbahn passen. Der tschechische Nationalspieler konnte den Ball in den Strafraum flanken, doch Lars Bender klärte per Kopf zu einer Ecke. Diese Standardsituation sorgte für Gefahr. Demirbay schlug den Ball, doch erneut konnte Hradecky den Treffer für die Gastgeber verhindern, nachdem Hübner zum Kopfball gekommen war (32.).
Nun versuchte Bittencourt die erneute Führung zu erzielen. Joelinton hatte den nach rechts ausgewichenen Kramaric angespielt, der in den Strafraum flankte, doch Bittencourt schoss links am Ziel vorbei (34.). Dass es sich für beide Mannschaften um ein wichtiges Spiel handelte, zeigte sich in der 37. Spielminute. Nach einem Foul von Bailey an Hübner gerieten die beiden aneinander. Sofort kam es zu einer Rudelbildung, die allerdings zügig wieder aufgelöst war. Schiedsrichter Osmers bedachte zudem beide Protagonisten mit der gelben Karte (38.). Kurz vor der Halbzeitpause versuchte Kai Havertz zu Volland zu passen, doch TSG-Kapitän Kevin Vogt konnte dies verhindern. Von seinem Fuß sprang der Ball allerdings zu Brandt, der direkt per Volleyschuss abzog, doch das runde Leder flog über das Tor. So ging es mit einem 1:1 in die Halbzeitpause.
Kaum wieder auf den Platz zurückgekehrt, musste TSG-Schlussmann Baumann den Rückstand für seine Farben verhindern. So musste er einen Torschuss von Havertz parieren (46.). Nach zwei verletzungsbedingten Wechselns auf der Gästeseite kam es nun zu Sorgenfalten auf Hoffenheimer Seite. Bei dem Versuch den Ball nahe dem Leverkusener Strafraum zu erobern trat Joelinton auf das Spielgerät und blieb liegen (47.). Nach kurzer Behandlungspause konnte der robuste Stürmer zwar weitermachen, in der 49. Spielminute saß er aber erneut auf dem Rasen und musste schließlich ausgewechselt werden. Doch die „Nagelsmänner“ hatten Glück im Unglück. Nadiem Amiri kam in das Spiel, was zugleich sein 100. Bundesliga-Einsatz im TSG-Trikot war (50.). In der 50. Spielminute leitete der U21 Nationalspieler einen Angriff ein. Er passte zu Kaderábek, der von der linken Außenbahn auf den weitergelaufenen Amiri an die Strafraumkante passte. Amiri schoss, Sven Bender versuchte noch schlimmeres zu verhindern, bugsierte mit seinem Klärungsversuch das runde Leder allerdings an dem hierdurch machtlosen Hradecky vorbei in das eigene Tor. So belohnte sich der Jubilar mit einem Treffer.
Die Gäste versuchten erneut eine schnelle Antwort auf den neuerlichen Rückstand zu finden. Doch bei dem Torschuss von Mitchell Weiser, der in der 36. Spielminute für den verletzungsbedingt ausgewechselten Kapitän Lars Bender gekommen war, riss Baumann seine Hände nach oben und wehrte den Ball mit der rechten „Pranke“ ab (58.). Ebenso konnte Baumann den Schuss von Bailey eine Spielminute später parieren (59.). Gerade den Anschlusstreffer verhindert durften erneut die Kraichgauer jubeln. Nach einem langen Pass auf Belfodil zog der Stürmer in den Strafraum hinein, zog ab und durfte seinen zweiten Treffer an diesem Tag feiern (61.). Damit stellte Belfodil den „Tore-Zähler“ auf zehn - einen Wert, den er zuletzt nicht geschafft hatte.
In der 74. Spielminute wechselte Nagelsmann den U20 Nationalspieler David Otto ein. Nach zwei Kurzeinsätzen des Eigengewächses durfte der Offensivakteur nun eine Viertelstunde Bundesliga-Luft schnuppern. Auch dieser Wechsel zahlte sich aus. In zentraler Position angespielt, leitete Otto den Ball per Schnittstellenpass zu Belfodil weiter. Der Algerier schoss und während viele mit dem Hattrick rechneten, war Kramaric mitgelaufen und spitzelte das runde Leder über die Torlinie (79.). Statt dem dritten Streich stellte Kramaric den Rekord von Sejad Salihovic ein, mit dem er am vorangegangenen Spieltag gleichgezogen war. Mit nun 47 erzielten Toren war Kramaric zu diesem Zeitpunkt alleiniger Rekordhalter der TSG nach erzielten Treffern. Trotz des nun vorentscheidenden 4:1 gaben die Gäste aber nicht auf. In der 83. Spielminute kam der 19-jährige Havertz zum Torschuss, doch bei dem vorangegangenen Zuspiel war der A-Nationalspieler im Abseits, der Treffer zählte damit nicht.
Die „Hoffe“-Fans bejubelten zu diesem Zeitpunkt bereits den feststehenden Heimsieg. Bei einem Eckball für die Kraichgauer wurden die Fans gar übermütig und riefen „einer geht noch, einer geht noch rein“. Doch diesen Gefallen taten ihnen die Spieler nicht mehr. So blieb es bei dem 4:1 Heimerfolg zur Eröffnung des 27. Spieltages. Kaum verwunderlich also, dass TSG-Mäzen Dietmar Hopp glücklich in Richtung der Hoffenheimer Kabine ging. Auf dem Weg dorthin sagte er: „Sensationelles Spiel und verdient gewonnen!“ Auf Rückfrage der Fussball Media fügte er zudem zu Otto an: „Es freut mich besonders, wenn aus dem eigenen Nachwuchs Leute in der Bundesliga spielen. Durch den Heimsieg klettert die TSG einen Tabellenplatz nach oben und steht nun mit einem Punkt Rückstand auf Leverkusen auf Platz acht. Sportdirektor Alexander Rosen nahm das Ziel der Mannschaft auf und erklärte, dass das Ziel der Mannschaft und auch ihm sei, nun im dritten Jahr in Folge den Einzug in den europäischen Wettbewerb zu schaffen. Sieben Spiele stehen in dieser Saison noch aus, zum nächsten Heimspiel begrüßen die Kraichgauer Hertha BSC Berlin in Sinsheim - ein weiterer Gegner aus dem unmittelbaren tabellarischen Umfeld der TSG.
Aufstellungen:
TSG 1899 Hoffenheim:
1 Baumann, 2 Brenet, 3 Kaderábek, 10 Demirbay, 11 Grillitsch, 13 Bittencourt (74. 26 Otto),
19 Belfodil (86. 4 Bicakcic), 21 Hübner, 22 Vogt (C), 27 Kramaric, 34 Joelinton (50. 18 Amiri)
Bayer 04 Leverkusen:
1 Hradecky, 4 Tah, 5 S. Bender, 8 L. Bender (C) (36. 23 Weiser), 9 Bailey (84. 13 Alario), 10 Brandt,
15 Baumgartlinger, 16 Jedvaj, 29 Havertz, 31 Volland, 38 Bellarabi (26. 20 Aranguiz)
Schiedsrichter: Osmers (Hannover)
Assistenten: Gorniak, Kempter
Vierter Offizieller: Badstübner
Video-Assistenten: Perl, Reichel
Tore: 1:0 10. 19 Belfodil, 1:1 17. 31 Volland, 2:1 51. 18 Amiri, 3:1 61. 19 Belfodil, 4:1 79. 27 Kramaric
Zuschauer: 28.350